Kreisrat

Ko-Finanzierung des Studiengangs Soziale Arbeit

Link zum Originalantrag

HH-Antrag:
Als Einzelmitglied des Kreistages beantrage ich, das Modell der regionalen Unterstützung des Studiengangs Soziale Arbeit der EHL – Campus Reutlingen fortzuführen und künftig mit 60.000 € pro Jahr zu fördern.

Begründung:

Im Frühjahr 2018 wurde der Campus Reutlingen der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg durch Wissenschaftsministerin Bauer eröffnet. Inzwischen studieren in dem generalistischen Bachelor-Studiengang, der für alle Felder der Sozialen Arbeit qualifiziert, vier Jahrgänge mit insgesamt 150 Studierenden.

Zur Bedeutung des Studiengangs für die Region

In einem vierjährigen Prozess haben sich u.a. die großen sozialen Träger in der Region zusammen mit Stadt und Landkreis Reutlingen nachdrücklich dafür eingesetzt, nach dem Weggang aller sozialen Studiengänge (Pädagogische Hochschule, Evangelische Fachhochschule, Fakultät für Sonderpädagogik) wieder einen sozialen Studiengang im Landkreis zu etablieren.

Zentrale Argumente in diesem Prozess waren und sind:

  • Gesundheits- und Sozialwirtschaft sind ein zentraler Standortfaktor mit steigender Bedeutung. 15% der Erwerbstätigen in der Region sind im Gesundheits- und Sozialwesen tätig (bundesweit 10%). Allerdings kann der regionale Bedarf an qualifizierten Fach- und Führungskräften im Sozial- und Gesundheitswesen schon heute nicht mehr gedeckt werden. Diese spürbare und wachsende Personalnot erfordert standortnahe akademische Ausbildungsangebote.
  • Denn Studienbewerber/-innen orientieren sich zunehmend bei ihrer Studienwahl an in der Region vorhandenen Studienangeboten; Hochschulabgänger/-innen bleiben bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes häufig bei regionalen Angeboten hängen (z.B. aufgrund von Praktika). So kommen rund 80% der inzwischen an der Evangelischen Hochschule Studierenden aus der Region Neckar-Alb.
  • Die Evangelische Hochschule Ludwigsburg ist seit vielen Jahren durch vielfältige Kooperationen, regionale Forschungs- und Entwicklungsprojekte eng mit sozialen Trägern sowie Kommunen in der Region verbunden. Dazu kommen derzeit rund 20 Praxisprojekte wie etwa Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern, mit psychisch kranken Menschen oder Jugendarbeit in ländlichen Kommunen.
  • Neben den wirtschafts- und industrienahen Fakultäten der Reutlinger Hochschule ist ein sozialer Studiengang ein wichtiger Standortfaktor für eine wirtschaftlich und sozial starke Region. Eine Sozialhochschule stärkt eine Kultur des Sozialen, ist Motor für soziale Innovationen und unterstützt in einer alternden und diversifizierenden Gesellschaft die Entwicklung zu bürgernahen Quartiersorientierung.

Die Staatliche Hochschule Reutlingen und Evangelische Hochschule haben in einem Kooperationsvertrag eine enge institutionelle Zusammenarbeit geregelt und ihr Interesse an einer inhaltlichen Zusammenarbeit und grenzüberschreitenden Lehre zwischen Wirtschaft, Technik und Sozialem bekundet.

Erste gemeinsame Schritte in diese Richtung sind bereits getan wie z.B. Partizipation am studiumplus, Mitwirkung im Studium Generale, Partnerschaft mit der ESB Business School, Arbeitsbeziehungen mit Fakultät für Informatik, Kooperation mit der Nachhaltigkeitsbeauftragten Frau Prof. Löbbe.

Am Ende dieses Annäherungsprozesses könnte ein gemeinsames Studienangebot stehen. Ein erstes gemeinsames Projektstudium zwischen ESB und Sozialer Arbeit ist aktuell bereits in Planung.

Die Absicherung des Studiengangs

Der Studiengang Soziale Arbeit wurde, wie jeder neue Studiengang, vom Wissenschaftsministerium zunächst auf fünf Jahre bis Ende 2022 befristet. Inzwischen wurde er durch jeweils jährliche Verlängerungen bis Ende 2024 befristet. Sein Fortbestand hängt von drei Faktoren ab:

  1. Nachfrage von Studienbewerbern: Derzeit ist mit 6,2 Bewerbungen auf 1 Studienplatz der Studiengang weit überdurchschnittlich nachgefragt.
  2. Qualität der Ausbildung: Der Studiengang Soziale Arbeit ist akkreditiert, hat sich am Standort Ludwigsburg über Jahre bewährt und hat nur wenige Studienabbrecher zu verzeichnen.
  3. Engagement der Region: Voraussetzung für die Einrichtung neuer Studiengänge ist in Baden-Württemberg grundsätzlich ein entsprechendes Engagement der jeweiligen Region.

Zum Vergleich: Finanzierung Hochschul-Außenstellen in Baden-Württemberg
(Quellen: Auskünfte der Hochschulen und Presseberichte) Stand 18.02.2019
Außenstelle in der Hochschule Regionale Unterstützer Unterstützungsbetrag
Schwäbisch Hall
Hochschule Heilbronn
Fachhochschulstiftung, Stadt Schwäbisch Hall, Landkreis, Unternehmen u.a.
Bausparkasse Schwäbisch Hall
660.000 €/Jahr
682.000 € für Gebäude

Künzelsau
Hochschule Heilbronn
Würth 2019
ebm‐papst GmbH & Co. KG, Mulfingen
weitere Unternehmen
1 Mio € für Ausbau Campus
1 Stiftungsprofessur
Hörsaal‐Sponsoring

Tuttlingen
Hochschule Furtwangen
Verschiedene Unternehmen
Stadt und Landkreis zusammen für 10 Jahre
Stadt und Landkreis
50% Finanzierung Campus
2 Mio und kleinere Beträge
16 Mio für Gebäude,
je 200.000 €/Jahr

Schwäbisch Gmünd
Hochschule Aalen
Carl Zeiss AG für 5 Jahre
KSK (30%) Ostalb und KSK‐Stiftung
Stadt + Landkreis für 5 Jahre (2016 – 2020)
1 Stiftungsprofessur 600.000 €
1 Stiftungsprofessur
jeweils 100.000 €

Freudenstadt
(Nordschwarzwald)
Universität Stuttgart
Stadt Freudenstadt
Landkreis
Unternehmen
250.000 €/Jahr
250.000 €/Jahr
ca. 550.000 €/Jahr

Böblingen (Hollerith Zentrum)
Hochschule Reutlingen
Stadt und Kreis Böblingen für 10 Jahre 400.000 €/Jahr
Finanzbedarf
Das Land fördert den Studiengang mit einer gedeckelten Pauschalsumme von
jährlich € 700.000,-

Aus diesen Gründen ist ein Engagement der Region notwendig, liegt aber auch im eigenen Interesse der Unterstützer.

Es wird beantragt, das Modell der regionalen Unterstützung wie bisher paritätisch fortzuführen:

  1. Soziale Trägern 60.000 € pro Jahr
    Stadt Reutlingen 60.000 € pro Jahr
    Landkreis Reutlingen 60.000 € pro Jahr

Ein Wegbrechen des Anteils des Landkreises würde gegenüber dem Wissenschaftsministerium ein deutlich negatives Zeichen setzen und die Finanzierung des Studiengangs gefährden. Darüber hinaus würde die Last des Regionalbeitrag alleine auf den Schultern der sozialen Träger und der Stadt Reutlingen verbleiben.

Mit freundlichen Grüssen

Prof. Dr. Jürgen Straub